Hand aufs Herz

Seid Wochen schiebe ich Dinge hinter mir her, die wenig Zeit und geringe Muehe beanspruchen. Seid Monaten bin ich nicht mehr aktiv kreativ - sei es dieser Blog oder das Buch, was ich geschrieben habe und seid Mai fertig ist, aber noch korrigiert werden muss.
Wenn ich aufwache, bin ich nicht planlos oder unorganisiert - sondern unmotiviert.
Klar koennte ich es auf das Wetter schieben ("Es wird zu schnell dunkel") oder die Arbeit und etlichen Ueberstunden, aber das ist es nicht.

Heute bin ich das erste Mal seid gut 2 Monaten wieder mit der Bahn gefahren und hab die Stadt in der ich lebe angeguckt und gehasst. Berlin, hier war ich mal zu Hause, hier wuchs ich auf. 21 Jahre meines Lebens habe ich hier verbracht und das ist mehr als genug.

Meine Ausbildung ist in genau einem Monat hoffentlich endlich vorbei. Danach muss ich hier raus. Die verdreckten Strassen, die kleinen Laeden, der Stuck in den Lichtenberger Wohnungen, die ich so gern gesehen habe, die Brutalitaet, die Touristen, die nie endenwollenden Baustellen und der schneelose Winter; all das was Berlin ausmacht und den Zugezogenen entzueckt ist fuer mich unattraktiv geworden. Neukoelln war mal runtergekommen, nun ist es hip. Der Potsdamer Platz war ein Businessplan, dank der Mall of Berlin ist es nun der neue Alexanderplatz. Ostkreuz war mal das Ende der Welt, weil der Bahnhof unglaublich heruntergekommen war, heute ist es hochmodern.

Das Geld war genug, um jede Woche ins Kino zu gehen und einzukaufen, heute ist ma froh, wenn es fuer Miete und Lebenserhaltungskosten reicht. Umziehen ist Luxus, genau wie ein Jobwechsel; statt Sicherheit am Arbeitsplatz erwartet man einen 1-Jahresvertrag.

Wir sind aermer geworden. Und mit Armut meine ich nicht nur die finanzielle Seite, auch die kulturelle oder politische Weltansicht hat sich veraendert. Uns Jungen scheint alles egal zu sein und auf die Alten wird keine Ruecksicht genommen (aber man sollte keine vorschnellen Schluesse ziehen - eine alte Dame, die sich um ein angebliches Recht STREITET sieht man auch immer haeufiger).

Deswegen will ich weg von hier. Die Stadt und deren Lustlosigkeit frisst einen foermlich auf.
Falls sich also jemand gewundert hat, warum ich so gut wie nichts mehr poste, es liegt an der Lustlosigkeit. Mal gucken, ob ich diese vielleicht im naechsten Jahr wieder kommt.

- J